What is gender anyway? Die Odd Night beim Berlin Burlesque Festival

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Es ist jetzt schon wieder eine Woche her, aber solche Nächte vergisst man nicht so schnell: Das sechste International Berlin Burlesque Festival ist Geschichte, und für alle, die nicht dabei waren (wieso zum glitzernden Teufel denn nicht?), hier der zum Scheitern verurteilte Versuch, einen der regenbogenbunten, schwindelerregenden Abende Revue passieren zu lassen. Damit ihr alle im nächsten Jahr Schlange steht.

Verwandlung

Den Anfang macht die Nonne, die sich in den bereits beschworenen Teufel verwandelt – oder die Teufelin, aber was spielt das für eine Rolle, wenn mit Identitäten, Geschlechtern und Körpern gespielt wird. Wenn Verwandlung die Bühne regiert: Von der biederen Frau an der Bushaltestelle im Regen zum wilden Feger. Vom behaarten Motorrad-Rocker, der sich zu Joan Jetts “I love Rock’n’Roll” bei jedem Schrei vom Achselpelz befreit und auch von der Verkleidung der Männlichkeit. Von der Jodel-Heidi, die sich mit Gummibrust und Schweizer Flaggen an strategischen Stellen aufgepolstert hat zum nackten Kerl, der nur noch rotes Glitzerhäubchen über den Geschlechtsteilen trägt.

Auch musikalisch ein Genuss

Dazu mit Jack Woodhead ein hyperaktiver Emcee, der sich zum Luftholen ans Klavier setzt und clevere Lieder mit Augenzwinkern zum Besten gibt: Wer hätte gedacht, dass Schwulsein so aufwendig ist? Bei “Tired of being gay” plaudert er charmant aus dem Nähkästchen, lässt aber auch Freddie Mercurys “Great Pretender” raus. Selbstverständlich ist der EmCee nicht der Einzige, der an diesem Abend mit Musik beglückt: Im weißen Anzug schnippt sich Desmond O’Connor gemeinsam mit den Sazerac Swingers durch “Soho after Midnight” und spielt am Ende ein brennendes Saxophon. Überhaupt, die Sazerac Swingers. Die Jazzband aus Gütersloh versorgt die Veranstaltung mit dem musikalischen Rahmen und übernimmt am Ende die Hauptrolle. Denn dieser Abend ist gleichzeitig Premiere ihres neuen Albums “Put the Jazz back in Jazz” und das wird mit der Einladung an alle Performer und Tänzer gefeiert, doch einfach mit auf die Bühne zu kommen und noch einmal alles zu schwingen, was Mann oder Frau so hat.

Wunderbare Merkwürdigkeiten

Aber bevor sich der Raum dann irgendwann sehr zögerlich leert, haben ja noch viele weitere Burlesque-Acts ihr Können gezeigt. Ihre Vision, ihren Wahnsinn? Big Chief Random Chaos zum Beispiel, der immer für entgeistertes Lachen sorgt. Oder mein Lieblingsact des Abends, Titsalina Bumsquash (!), die quasi eine Mischung aus Hogwarts und der Addams Family auf den Plan ruft, wenn sie im Potter-Outfit mit der “fremden” Hand in ihrer Hand kämpft, die sie zu Lady Gagas “Bad Romance” partout von ihrer Kleidung befreien will. Ehrlich, Jungs und Mädels, das muss man gesehen haben!

Überhaupt, Lady Gaga. Bei den Elektrik Poodles, die zwei konkurrierende Ladys zum Besten geben, sieht mindestens ein Pudel der wandlungsfähigen Sängerin ganz schön ähnlich. Und dann ist da noch die Frau mit dem Chamäleonkopf, die sich als Köchin in ihrer eigenen Suppe räkelt … Außerdem eine Königin aus Venezuela, eine Akrobatin aus der Ukraine, eine Alice im Wunderland mit unanständigem Hasen … Und zuletzt als Krönung und Headliner Chris Oh! aus Neuseeland, der im Rokoko-Glamour die Bühne verzaubert hat.

Nicht wieder verpassen!

Ihr seht schon, der Freitagabend ist tatsächlich die Odd Night, mit viel Raum für schräge Überraschungen, wilde Ideen und lautes Lachen – aber gleichzeitig auch voller Schönheit, Sexappeal und Können. Also seid nächstes Jahr dabei, lasst euch diesen Trip hinab in den Kaninchenbau und geradewegs ins Wunderland nicht entgehen!

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