Wenn Pop, dann so! Songschreiber Faber im Huxley’s

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An ihm führt momentan kein Weg vorbei: Überflieger Faber, das Songschreib-Talent aus Zürich, begeistert Kritiker mit seinem Debut-Album „Sei ein Faber im Wind“ und ist in Deutschland mindestens genau so ein Name wie in der Schweiz. Der erst 23jährige mit der dunklen Stimme spielt anspruchsvolle Pop-Musik, mit Wurzeln bei den klassischen italienischen und deutschsprachigen Liedermachern und angereichert mit Elementen aus Rock- und Balkan-Musik. Nach zwei ausverkauften Shows im Columbiatheater in April füllte Faber am Montag das Huxley’s – und absolvierte sein bisher größtes Konzert mit Bravour!

Die altgediente Konzerthalle am Hermannplatz ist bereits um kurz vor Acht gut gefüllt. Das Publikum: bunt gemischt von 16 bis 60. Die Jüngeren mögen in Faber vielleicht einen Pop- oder Rockstar sehen, der ihnen mit seinen lebensnahen Liedern aus der Seele spricht. Einige der Älteren suchen in ihm womöglich eine Neuinkarnation eines Liedermacher-Typen wie Franz Josef Degenhardt. Ein bisschen was ist vielleicht an beidem dran.

Schweizer Band Frutti di Mare bei einem Konzert in BerlinKlassik catches Swing flirting with Straßenmusik

Um Acht kündet dann aber erstmal Fabers Schlagzeuger und Trompeter die Vorband an: das befreundete Trio Frutti di Mare aus Bern. Auf die Bühne treten drei junge Musiker, von denen zwei wie Studenten aus den 60ern aussehen: mit Pottschnitt, Brille und Cord-Jackett. (Der Sicherheitsmann neben mir scherzt: „Hey, die Beatles sind zurück!“) Was von einer Band mit einem so ulkig anmutenden Namen zu erwarten war, wußte ich nicht. Ich hätte es auch nicht erahnen können.

Schweizer Band Frutti di Mare bei einem Konzert in BerlinDas Trio startet mit einem tanzbaren Gypsi-Swing, die Geige geht nach einem melodiös-ruhigen Intro in den zackigen, stampfenden Rhythmus eines schnellen Django Reinhardt-Songs über. Statt diesen sympathischen, nach Straßenmusik klingenden Stil nun 30 Minuten lang totzuspielen, wechseln Frutti di Mare aber bald in klassisch-ruhige Gefilde, in denen Gitarre und Geige mit Soloparts brillieren können, während das Schlagzeug nur leise untermalt. Auch einen Hauch von Jazz und sogar – durch gekonnten Schlagzeugeinsatz – die Illusion von Elektronik sind im Weiteren zu spüren. Eine aufregende, talentierte Band, von der das Berliner Publikum auch noch zwei Lieder mehr angenommen hätte.

Schweizer Musiker Faber bei einem Konzert in Berlin, 2017Entschlossene Schritte auf dem großen Parkett

Nach gut halbstündiger Umbaupause kommt bei noch wenig Licht dann Faber auf die Bühne. Er trägt ein weißtes Tshirt, dunkelblaue Anzughose und hellbraune Lederschuhe, in denen seine Füße ohne Strümpfe stecken. Die umgeschnallte Gitarre hält er an ihrem Hals hoch wie eine Trophäe. Beim langsamen Auftakt singen viele aus dem Publikum bereits mit, es gibt Schreie und Pfiffe. Die zweite Nummer ist gleich eine der schnelleren des Abends und bringt das Huxleys ganz auf Fabers Seite. Der strotzt nur so vor Energie und hat sichtlich Spaß beim Zusammenspiel mit seiner Band, mit denen er sich häufig mit Blicken oder kurzen Worten verständigt, denen er zunickt und die er umarmt.

Auch etwas Nervosität ist ihm anzumerken. Er offenbart uns, dass dies heute sein mit Abstand größtes Konzert ist, was ihn stolz und aufgeregt macht. Er sei überglücklich, dass so viele gekommen wären, im „großen Berlin, wo die Leute so verwöhnt sind und alles schon gesehen haben“. Ich möchte gleich ein wenig das Gefühl haben, auf einem besonderen Konzert zu sein und einen jungen Künstler gerade noch an der Schnittstelle zwischen gestiegener Bekanntheit und großem Erfolg zu erwischen.

Schweizer Musiker Faber bei einem Konzert in BerlinHerz- und Weltschmerz, leis und laut

Der junge Züricher und seine Band machen eine gute Show. Es gibt einige schnelle Nummern mit einprägsamen Melodien und „Lalala“-Gesang, die zwar sehr nach Schema F geschrieben aber trotz allem ziemlich ansteckend sind. Warm aufgenommen wird auch das Titellied von Fabers Album, „Sei ein Faber im Wind“, ein verkünsteltes, gehässiges Ex-Freundinnen-Lied. Die klarste Zeile des Songs singen viele mit Inbrunst mit: „Warum, du Nutte, träumst du nicht von mir?“ Daran kann ich mich nicht freuen, weil es doch ein bisschen pubertär wirkt.

Viel mehr packen mich tiefergehende Stücke wie das bitterschöne „In Paris brennen Autos“. Fabers Gedanken wandern um den Globus, drohen in Weltschmerz zu versinken und flüchten sich dann in den einzig sicheren Hafen: „Ich flieg dir nach nach Belgrad / Wenn ich grad Zeit hab / Ich hab dich lieb, habibi“ Ein paar gelungene globalisierungskritische Beobachtungen und dann noch ein zynischer Hieb gegen die jungen Jetsetter, für die ein Flug ins Ausland nicht mal mehr das Äquivalent vom familiären Picknickausflug am Sonntag ist, die aus Abenteurerlust so viele Kilometer zurücklegen und nichts dabei finden.

Schweizer Musiker Faber bei einem Konzert in Berlin, 2017Grandiose Stimme, respektvoller Abgang

In den langsameren und ruhigeren Stücken kommt dann auch des jungen Schweizers beachtliche Stimme voll zur Geltung: dunkel, voll und markant ist sie und klingt dabei nicht aufgesetzt. Einmal übertreibt es Faber dann aber doch sehr. Da hält er sich an mehreren Stellen eines Liedes am Mikrofon fest und schüttelt seinen ganzen Körper, um bei einem langgezogenen Vokal einen Vibrato-Effekt zu erzeugen. Das war „over the top“. Aber der Musiker macht auch kein Geheimnis daraus, dass er gern mit dem ganz großen Pathos liebäugelt.

Im abwechslungsreichen Programm finden sich gleich mehrere italienische Stücke, wohl aus jenem Liedermacher-Repertoire, mit dem Faber gleich nach der Schule begann, durch die Lande zu ziehen. Und mit einem Cover beschließt der Züricher den Abend dann auch, mt einem derben Lied des Schweizer Chansonniers (und Quasi-Volkshelden) Mani Matter. So endet der junge Hochflieger passend mit einer Verbeugung vor einem der Überväter. Es war ein tolles Konzert und für Faber sichtbar ein Erfolgserlebnis. In kleinere Hallen wird er nächstes Jahr wahrscheinlich nicht zurückkehren.

Text und Bild: Bastian Geiken

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