Interpol live indieBerlin Review

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Fรผnfzehn Jahre ist die Verรถffentlichung von Interpols “Turn on the Bright Lights” her. Das Debรผtalbum der New Yorker Band wurde in den Nachwehen von 9/11 verรถffentlicht. Man ist deshalb versucht diesem Erstlingswerk anzudichten, dass ein groรŸer Teil seines finsteren Geschmacks vom Lecken der Wunden dieser Tage herrรผhrt.
Allerdings entstammen das Songmaterial und die Texte der Zeit vor diesem schicksalhaften September. Geht man in der Geschichte noch weitere drei Jahrzehnte zurรผck, so stรถรŸt man auf viele musikalische Parallelen zum Post-Punk und New Wave der spรคten Siebziger. Interpol ritten mit ihrer Spielart auf der Krone der Post-Punk Revival Welle und waren in guter Gesellschaft mit vielen รคhnlich gestrickten Bands, die sich auf einen rauhen, eher minimalistischen Gitarrensound mit treibenden Schlagzeugbeats fokussierten. Charakteristisch fรผr Interpol waren jedoch die cineastische Tiefe und insbesondere das zur Musik angemessene seriรถse Outfit.
Pรผnktlich zum Konzertbeginn verzog sich die Sonne hinter einer Wolkenwand
Fรผnfzehn Jahre und insgesamt fรผnf Alben spรคter prรคsentieren sich Interpol nach wie vor ihrem Sound und Outfit รคuรŸerst treu. Korrekt in schwarze Anzรผge gekleidet beehrten sie das diesjรคhrige Pure & Crafted Festival auf dem Gelรคnde des alten Heizkraftwerkes in Rummelsburg. Lange vorher wurde das Konzert schon mit dem Untertitel “performing Turn on the Bright Lights” beworben.

Mit dem Erklingen des Openers “Untitled” vom Debรผtalbum war dementsprechend auch klar, dass die kommende Stunde ganz dem Erstlingswerk gewidmet werden wรผrde. War das Pure & Crafted Festival tagsรผber mit genรผgend Sonne und warmen Temperaturen gesegnet, so verzog sich pรผnktlich zum Konzertbeginn von Interpol die Sonne hinter einer Wolkenwand, nur um kurz danach komplett hinter dem Horizont zu verschwinden. Fรผr den Abend wurde mit vereinzelter Schauer gerechnet und tatsรคchlich hรคtte ein bisschen Regen dem Konzert wahrscheinlich noch das Sahnehรคubchen draufgesetzt.
Emotionale Schwere macht sich breit
Zwischen all der melancholischen Schwere der Musik blieb immer Luft fรผr Jubel seitens des Publikums รผber jeden ersten Ton des nรคchsten Stรผckes. Keinesfalls, weil das Publikum das Album nicht kennt, sondern eher aus Verzรผckung, dass Interpol hier so strikt vorgehen wie die von ihnen getragenen Anzรผge es vermuten lassen.

Doch bei all der Liebe zum Detail landen Interpol dann doch nicht in der Endlosrille am Ende ihres Debรผtalbums sondern legen mit Songs vom Nachfolgealbum “Antics” nach. Frontmann Paul Banks verzichtet in erster Linie auf eine direkte Kommunikation mit dem Publikum.

Viel mehr, als dass 15 Jahre vergangen sind und es damals eine ziemlich abgefahrene Zeit war, hat er nicht zu berichten. Die Musik und die Texte sind aber auch durchaus Botschaft genug. Am Ende des Konzertes schleppt man sich รผber die Festivalwiese Richtung Tram.

Tagsรผber tobten hier noch die Kinder der Festivalbesucher im Sonnenschein und alles war von einer herrlich gut gelaunten Stimmung erleuchtet. Auf dem Abendweg macht sich nun eine angenehme emotionale Schwere breit. Die Jรผnger des Post-Punk sehnen sich ja genau nach solchen Momenten. Der einzig wirkliche Niederschlag folgt dann nur beim Anblick der vรถllig รผberfรผllten Tramhaltestelle.

Wer weiรŸ, wieviele Leute sich dann doch kurzerhand dazu entschlossen haben, den Abend mit einem ausgedehnten einsamen Spaziergang durch die Rummelsburger Industrielandschaft nach Hause ausklingen zu lassen. In solchen Momenten ist man gerne mal mit seinen Gefรผhlen fรผr sich alleine. Dafรผr wurde solche Musik geschrieben.

Photos: Caterina Gili

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