Bernd Kötting im indieberlin Interview

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Bernd Kötting, geboren 1972 in Amman / Jordanien, wuchs in Nordrhein-Westfalen auf und arbeitete dort als Rechtsanwalt. Seit 2010 lebt er in Berlin und stellt mit seinem Roman „Mit dem Rücken zur Theke“ sein Erstlingswerk vor, das Ende November im Drachenmond Verlag erscheint.

Wir freuen uns, dass Bernd sein Buch auf der indieberlin book fair vor der Veröffentlichung vorstellt und daraus liest. Vorab haben wir ihn getroffen und ihm ein paar Fragen zu ihm und zum Buch gestellt. Viel Spaß!

indieberlin: Was erwartet uns in Deinem Buch „Mit dem Rücken zur Theke?“

Bernd Kötting: Kurz gesagt geht`s um die Lebensgeschichte eines Einzelgängers, der von einem Schlamassel in den nächsten gerät. Das mag am Anfang noch sehr lustig sein, aber mit der Zeit wird seine Ablehnung der klassischen gesellschaftlichen Normen zum existenzbedrohenden Problem. Eine Liebesgeschichte ist selbstverständlich auch drin, aber die geht – und damit verrate ich bestimmt nicht zu viel – natürlich auch in die Binsen.

Bei der Umsetzung habe ich mich gegen eine chronologische Erzählweise entschieden

Die Rahmenhandlung wird immer wieder durch Rückblenden unterbrochen, so dass der Roman die Entwicklung des Protagonisten letztlich über 20 Jahre hinweg erzählt.

indieberlin: Wie bist Du beim Schreiben vorgegangen?

Bernd Kötting: Mein Problem lag zu Anfang darin, dem ungeordneten Wust von Ideen in meinem Kopf irgendeine Struktur zu geben. Seinen Gedanken einfach freien Lauf zu lassen, mag für den Autor ja sehr befreiend sein – aber lesbar ist das für andere meist nicht. Um dem Kreativitäts-Chaos endlich Herr zu werden, habe ich die Story erstmal einer extrem strengen Form unterworfen: 10 Kapitel mit je 30 Seiten, jedes Kapitel in fünf Episoden eingeteilt, dazu ein Zeitplan für die Umsetzung.

Abweichungen gibt´s am Ende natürlich immer

Aber letztlich bekommt die Geschichte durch die Struktur einen beständigen, sehr angenehmen Rhythmus. Ich finde, ein Buch braucht einen Herzschlag, der den Plot trotz aller Verwicklungen und Zeitsprünge (und davon gibt es in meinem Buch ja reichlich) von der ersten bis zur letzten Seite begleitet.

indieberlin: Gibt es eine Moral von der Geschicht‘?

Bernd Kötting AutorBernd Kötting: Na ja, seien wir ehrlich – in erster Linie geht´s bei mir um Unterhaltungsliteratur. Und meinem Buch irgendeine Moral zu entnehmen, bliebe natürlich dem Leser vorbehalten. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass diese dann vollkommen unterschiedlich ausfallen würde. Sollte jemand mein Buch als Plädoyer gegen eine gnadenlose Konsumgesellschaft interpretieren, die jedem Unangepassten fast die Luft zum Atmen nimmt, wäre mir das nicht unrecht. Und wenn ein Familienvater mit Fertighaus und Festanstellung den Niedergang meines Protagonisten als Bestätigung versteht, alles im Leben richtig gemacht zu haben – warum nicht?

indieberlin: Was sind aus Deiner Erfahrung die größten Fragen beim Schreiben des ersten Buchs?

Bernd Kötting: Die entscheidende Frage ist ganz klar:

Wie finde ich meinen eigenen Stil?

Das Lesen der ersten selbst geschriebenen Texte lässt sich ein bisschen mit dem Hören der eigenen Stimme vergleichen – der Klang erscheint erstmal fremd und unangenehm. Aber je länger man daran feilt, desto erträglicher wird es. Bis ich von einer eigenen Textpassage auch nur halbwegs überzeugt war, hat es mehr als ein Jahr gedauert.

Und der größte Fehler, den man während des Schreibens machen kann, ist parallel dazu auch noch Bücher seiner literarischen Vorbilder zu lesen. Dem Vergleich hält man niemals stand. Ich habe zwischendurch gelegentlich Auszüge aus wirklich schlecht geschriebenen Büchern angeschaut – das hilft zur Motivation eher weiter. Und miese Bücher zu finden ist ja kein Problem. Dafür gibt´s schließlich die Spiegel-Bestseller-Liste Belletristik.

indieberlin: Gibt es eine Fortsetzung?

Bernd Kötting: Noch bevor ein Buch überhaupt veröffentlicht ist, über eine Fortsetzung zu spekulieren wäre natürlich ein kühnes Unterfangen. Trotzdem kann ich die Frage klar beantworten:

Nein, auf keinen Fall!

Dass bei den meisten Schriftstellern das Erstlingswerk zumindest autobiographische Züge trägt, ist ja kein Zufall. Ich denke, erst wenn das eigene Leben literarisch verarbeitet ist, öffnet sich die Tür zum absolut freien, völlig unbelasteten Schreiben. Und da freue ich mich jetzt schon drauf. Der Plot meines nächsten Romans ist bislang nur grob skizziert, einige Charaktere stehen schon fest. Allerdings wird es – so ist zumindest der Plan – völlig anders als „Mit dem Rücken zur Theke“ sein. Derzeit bin ich aber sowieso mit einem anderen Projekt befasst, einem juristischen Fachbuch. Eine vollkommen neue Herausforderung, die – man mag es kaum glauben – ebenfalls ihre Reize hat.

indieberlin: Wann sehen wir Dich endlich auch als Sänger auf der Bühne?

Bernd Kötting: Wieder als Sänger auf der Bühne, müsste die Frage lauten.

Vor Jahren habe ich mich mal als Morrissey-Interpret in Düsseldorf versucht

Bernd Kötting PortraitIch bin aber grandios gescheitert. Von seinem Aussehen mag ich ein wenig abbekommen haben, von seiner Singstimme aber leider gar nichts.
Mein letzter Auftritt als Sänger war in Berlin bei einem Song-Contest. Mit einem alten Yardbirds-Song hab ich mich einer Jury präsentiert – aber auch nicht wirklich überzeugt. Als ich im darauffolgenden Jahr überraschenderweise selbst als Musikexperte in die Jury berufen wurde (vermutlich um einen weiteren Versuch als Sänger zu verhindern), fühlte ich mich schon wesentlich wohler. So ist es nun mal: Wer etwas kann, der tut es – wer es nicht kann, der bewertet es. Läuft im Literaturbetrieb ja auch nicht anders…

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Mia Morris

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